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Börja nu gratis 25HS CHE101.1 fascicolo 11 Grundlagen der Chemie_ Grundlegende Begriffe und Konzepte der Allgemeinen Chemie - Kursmaterial.pdf
Summary
# Grundlagen der Redoxreaktionen
11. Grundlagen der Redoxreaktionen
Dieses Thema behandelt die grundlegenden Prinzipien von Redoxreaktionen, einschliesslich der Definitionen von Oxidation und Reduktion, der Rolle von Oxidations- und Reduktionsmitteln sowie der Aufstellung von Redoxgleichungen [1](#page=1).
## 1. Redoxvorgänge
Redoxreaktionen sind eng miteinander verknüpfte chemische Reaktionen, bei denen Elektronen übertragen werden. Diese Reaktionen sind in der belebten Natur weit verbreitet und spielen eine Schlüsselrolle bei Prozessen wie Atmung und Photosynthese [1](#page=1).
### 1.1 Definition von Oxidation und Reduktion
* **Oxidation:** Bezeichnet die Abgabe von Elektronen durch ein atomares oder molekulares Teilchen [1](#page=1).
* **Reduktion:** Bezeichnet die Aufnahme von Elektronen durch ein atomares oder molekulares Teilchen [1](#page=1).
Die allgemeine gekoppelte Redoxreaktion lässt sich wie folgt darstellen:
$$ A_{red} \rightleftharpoons A_{ox} + n e^- $$ (Oxidation) [1](#page=1).
$$ n e^- + B_{ox} \rightleftharpoons B_{red} $$ (Reduktion) [1](#page=1).
Gesamtreaktion:
$$ A_{red} + B_{ox} \rightleftharpoons A_{ox} + B_{red} $$ [1](#page=1).
> **Merksatz:** «Ein Teilchen oxidiert, wenn Elektronen es verliert. Bei Reduktion wird umgekehrt, die Elektronenzahl vermehrt.» [1](#page=1).
### 1.2 Oxidations- und Reduktionsmittel
* **Reduktionsmittel:** Die Verbindung, welche oxidiert wird, da sie Elektronen für den gekoppelten Reduktionsprozess liefert [1](#page=1).
* **Oxidationsmittel:** Die Verbindung, welche reduziert wird, da sie Elektronen von der zu oxidierenden Verbindung «entzieht» [1](#page=1).
> **Wichtig:** Oxidations- und Reduktionsmittel sind nicht absolut, sondern relativ zueinander definiert. Ihre Rolle hängt vom Reaktionspartner ab [1](#page=1).
**Beispiel:**
Bei der Reaktion von Iodid-Ionen ($I^-$) mit Chlor ($Cl_2$):
$Cl_2$ wirkt als Oxidationsmittel, da es Elektronen von $I^-$ aufnimmt und zu $Cl^-$ reduziert wird. $I^-$ wirkt als Reduktionsmittel, da es Elektronen an $Cl_2$ abgibt und zu $I_2$ oxidiert wird [1](#page=1).
* Halbreaktion Oxidation: $2 I^- \rightarrow I_2 + 2 e^-$ [1](#page=1).
* Halbreaktion Reduktion: $Cl_2 + 2 e^- \rightarrow 2 Cl^-$ [1](#page=1).
* Gesamtreaktion: $2 I^- + Cl_2 \rightarrow I_2 + 2 Cl^-$ [1](#page=1).
### 1.3 Elektrolyse und Elektroden
Elektronen können nicht nur direkt übertragen werden, sondern auch mithilfe elektrischen Stroms. Dieser Vorgang wird als Elektrolyse bezeichnet. Bei der Elektrolyse können Oxidation und Reduktion räumlich getrennt an Elektroden stattfinden [2](#page=2):
* **Anode:** Positiv geladene Elektrode, an der die **Oxidation** stattfindet. Anionen wandern zur Anode und werden dort oxidiert [2](#page=2).
* **Kathode:** Negativ geladene Elektrode, an der die **Reduktion** stattfindet. Kationen wandern zur Kathode und werden dort reduziert [2](#page=2).
> **Merksatz:** RED CAT AN OX (REDuktion an der CAThode, OXidation an der ANode) [1](#page=1) [2](#page=2).
Elektrolysen können in Schmelzen oder Lösungen durchgeführt werden und sind essentiell für die Herstellung von Metallen (z.B. Aluminium) oder die Gewinnung von Chemikalien (z.B. Chlor, Natronlauge) [2](#page=2).
> **Beispiel:** Die Elektrolyse von Wasser spaltet Wasser in Wasserstoff ($H_2$) und Sauerstoff ($O_2$) [2](#page=2).
> * An der Kathode (Reduktion): $2 H_2O + 2 e^- \rightarrow H_2 + 2 OH^-$ (in neutralem/basischem Medium) oder $2H^+ + 2e^- \rightarrow H_2$ (in saurem Medium) [2](#page=2).
> * An der Anode (Oxidation): $2 H_2O \rightarrow O_2 + 4 H^+ + 4 e^-$ (in neutralem/saurem Medium) oder $4 OH^- \rightarrow O_2 + 2 H_2O + 4 e^-$ (in basischem Medium) [2](#page=2).
### 1.4 Oxidationszahlen zur Beschreibung von Redoxvorgängen
Oxidationszahlen sind unerlässlich für die Beschreibung und das Verständnis von Redoxvorgängen. Sie geben an, wie stark ein Atom in einer Verbindung oxidiert oder reduziert ist, und erleichtern das Nachvollziehen von Elektronenverschiebungen. Die Regeln zur Bestimmung von Oxidationszahlen sind in Abschnitt 4.2.1.d (nicht im Auszug enthalten) weiter ausgeführt [2](#page=2).
### 1.5 Aufstellung von Redoxgleichungen
Die Aufstellung von Redoxgleichungen erfolgt schrittweise, wobei die tatsächliche Reaktionsweise in einzelnen Schritten nebensächlich ist [3](#page=3):
1. **Bestimmung der Oxidationszahlen:** Ermittlung der Oxidationszahlen aller beteiligten Atome [3](#page=3).
2. **Aufstellen von Halbreaktionen:** Formale Zerlegung der Gesamtreaktion in eine Elektronenabgabe (Oxidation) und eine Elektronenaufnahme (Reduktion). Diese Teilreaktionen können mit $H_2O$, $H^+$ oder $OH^-$ ausgeglichen werden [3](#page=3).
3. **Ausgleich der Elektronenzahl:** Wahl von Koeffizienten für die beiden Halbreaktionen, sodass die Anzahl der übertragenen Elektronen in beiden übereinstimmt [3](#page=3).
4. **Summierung der Halbreaktionen:** Addieren der ausgeglichenen Halbreaktionen zur Bruttogleichung [3](#page=3).
5. **Kontrolle:** Überprüfung, ob die Gesamtladung und die Anzahl der Atome auf Edukt- und Produktseite gleich sind [3](#page=3).
> **Besonderheiten bei Reaktionen in wässriger Lösung:**
> * Formal höher geladene Kationen treten nicht frei auf, sondern sind mit Sauerstoff verbunden (z.B. $NO_3^-$ für $N^{+V}$, $MnO_4^-$ für $Mn^{+VII}$) [3](#page=3).
> * Der Sauerstoff von Verbindungen, die formal $O^{2-}$ enthalten, wird je nach pH-Wert zu $H_2O$ oder $OH^-$ umgewandelt, da das freie $O^{2-}$ Ion in Wasser nicht stabil ist [3](#page=3).
**Beispiel für die Aufstellung einer Redoxgleichung (Fe²⁺ + MnO₄⁻):** [3](#page=3).
* **Edukte:** $Fe^{2+}$ (gelb), $MnO_4^-$ (violett)
* **Produkte:** $Fe^{3+}$ (farblos), $Mn^{2+}$ (farblos)
1. Oxidationszahlen: $Fe$ von +II auf +III; $Mn$ von +VII in $MnO_4^-$ auf +II in $Mn^{2+}$.
2. Halbreaktionen:
* Oxidation: $Fe^{2+} \rightarrow Fe^{3+} + e^-$ [3](#page=3).
* Reduktion: $MnO_4^- + 8 H^+ + 5 e^- \rightarrow Mn^{2+} + 4 H_2O$ [3](#page=3).
3. Elektronenzahl ausgleichen: Die Oxidations-Halbreaktion wird mit 5 multipliziert.
* $5 Fe^{2+} \rightarrow 5 Fe^{3+} + 5 e^-$
* $MnO_4^- + 8 H^+ + 5 e^- \rightarrow Mn^{2+} + 4 H_2O$
4. Summierung:
$MnO_4^- + 8 H^+ + 5 Fe^{2+} \rightarrow Mn^{2+} + 4 H_2O + 5 Fe^{3+}$ [3](#page=3).
### 1.6 Redoxäquivalentgewicht und Redoxäquivalente
* **Redoxäquivalentgewicht:** Definiert als das Molekulargewicht geteilt durch die Anzahl der Wechsel-Elektronen ($n(e^-)$) [3](#page=3).
$$ \text{Redoxäquivalentgewicht} = \frac{\text{Molekulargewicht}}{n(e^-)} $$ [3](#page=3).
Beispiel: Für $KMnO_4$ mit $M_r = 158.9 \, g/mol$ und $n(e^-) = 5$ (bei Reduktion zu $Mn^{2+}$) beträgt das Redoxäquivalentgewicht $31.78 \, g/mol$ [3](#page=3).
* **Redoxäquivalente (Normale):** Bezeichnet die Anzahl der Mol multipliziert mit der Anzahl der Wechsel-Elektronen. Dies ist wichtig für die Berechnung von Normalitäten [3](#page=3).
$$ \text{Redoxäquivalente} = n \cdot n(e^-) $$ [3](#page=3).
Beispiel: Eine 0.1 M $KMnO_4$-Lösung ist entsprechend der obigen Halbreaktion 0.5 N (Normal) [3](#page=3).
> **Vergleich:** 1 M $HCl$ = 1 N ($H^+$), 1 M $H_2SO_4$ = 2 N ($H^+$) [3](#page=3).
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# Elektrochemische Zellen und Potentiale
Dieses Thema befasst sich mit der Funktionsweise elektrochemischer Zellen, insbesondere galvanischer Zellen und Brennstoffzellen, sowie mit der Beschreibung von Standardpotentialen, der Nernstschen Gleichung und der Abhängigkeit von Redoxpotentialen vom pH-Wert.
### 2.1 Elektrochemische zellen (galvanische zellen)
Elektrochemische Zellen, auch galvanische Zellen oder galvanische Elemente genannt, wandeln chemische Energie in elektrische Energie um und können somit als Stromquelle dienen. Luigi Galvani entdeckte zufällig, dass bei Kontakt zwischen verschiedenen Metallen und lebendem Gewebe (wie Froschschenkeln) eine elektrische Wirkung auftritt, was als Grundlage für die spätere Entwicklung von Alessandro Volta diente [4](#page=4).
Redoxreaktionen, die immer aus zwei Halbreaktionen bestehen (Oxidation und Reduktion), sind das Kernprinzip elektrochemischer Zellen. Die relative Fähigkeit eines Atoms, Moleküls oder Ions, Elektronen aufzunehmen oder abzugeben, wird als Redoxpotential bezeichnet [4](#page=4).
Ein klassisches Beispiel ist das Daniell-Element, das die Reaktion zwischen Zink und Kupfer nutzt [4](#page=4).
* **Oxidations-Halbzelle:** $Zn(s) \rightarrow Zn^{2+}(aq) + 2 \, e^-$ [5](#page=5).
* **Reduktions-Halbzelle:** $Cu^{2+}(aq) + 2 \, e^- \rightarrow Cu(s)$ [5](#page=5).
In einer Anordnung, bei der jede Elektrode in eine 1 M Lösung ihrer entsprechenden Ionen eingetaucht ist (genauer gesagt, die Aktivität der Lösungen muss 1 sein), kann eine Potentialdifferenz von $1.10 \, V$ gemessen werden [4](#page=4).
Ein weiteres praktisches Beispiel ist der Bleiakkumulator (in Autobatterien) [5](#page=5):
* **Anode (Entladen):** $Pb(s) + SO_4^{2-}(aq) \rightarrow PbSO_4(s) + 2 \, e^-$ [5](#page=5).
* **Kathode (Entladen):** $PbO_2(s) + 4 \, H^+(aq) + 2 \, e^- + SO_4^{2-}(aq) \rightarrow PbSO_4(s) + 2 \, H_2O(l)$ [5](#page=5).
Die Potentialdifferenz eines einzelnen Bleiakkumulators beträgt ca. $2 \, V$. Mehrere Zellen in Reihe geschaltet erhöhen die Gesamtspannung [5](#page=5).
#### 2.1.1 Brennstoffzellen
Brennstoffzellen wandeln die Energie aus der Oxidation von Gasen wie Wasserstoff ($H_2$), Kohlenmonoxid ($CO$) oder Methan ($CH_4$) direkt in elektrische Energie um [5](#page=5).
In einer typischen alkalischen Brennstoffzelle werden $H_2$ und $O_2$ durch poröse Elektroden in konzentrierte wässrige Lösungen von $NaOH$ oder $KOH$ geleitet. Die Elektroden enthalten Katalysatoren [5](#page=5).
* **Anode (Oxidation):** $2 \, H_2(g) + 4 \, OH^-(aq) \rightarrow 4 \, H_2O(l) + 4 \, e^-$ [6](#page=6).
* **Kathode (Reduktion):** $O_2(g) + 2 \, H_2O(l) + 4 \, e^- \rightarrow 4 \, OH^-(aq)$ [6](#page=6).
* **Gesamtreaktion:** $2 \, H_2(g) + O_2(g) \rightarrow 2 \, H_2O(l)$ [6](#page=6).
Diese Zellen werden oft bei erhöhter Temperatur betrieben, damit das entstehende Wasser verdampft. Der Wirkungsgrad liegt zwischen $40-60\%$ [6](#page=6).
Eine andere Art ist die PEM (Proton Exchange Membrane) Brennstoffzelle, bei der Protonen ($H^+$) durch die Membran transportiert werden [6](#page=6).
* **Anode:** $H_2 \rightarrow 2 \, H^+ + 2 \, e^-$ [6](#page=6).
* **Kathode:** $\frac{1}{2} \, O_2 + 2 \, H^+ + 2 \, e^- \rightarrow H_2O$ [6](#page=6).
### 2.2 Standardpotentiale und die Nernstsche Gleichung
Um die Potentiale elektrochemischer Zellen systematisch vergleichen zu können, wird ein Bezugssystem benötigt. Als Nullpunkt wurde willkürlich das Potential der **Standard-Wasserstoff-Elektrode (SHE)** gewählt [7](#page=7).
Für die SHE gilt unter Standardbedingungen ($p(H_2) = 1.013 \, \text{bar}$, $T = 298 \, K$ ($25^\circ C$), und $[H^+] = 1 \, M$ oder Aktivität von 1) die Halbzellenreaktion:
$2 \, H^+(aq) + 2 \, e^- \rightleftharpoons H_2(g)$ [7](#page=7).
mit einem Standardpotential von $E^0 = 0.000 \, V$ [7](#page=7).
Wenn eine andere Halbzelle mit der SHE verbunden wird, kann die Potentialdifferenz gemessen werden. Die Standardpotentiale werden typischerweise als **Standard-Reduktionspotentiale** in Tabellen aufgeführt [7](#page=7).
#### 2.2.1 Standardpotentialdifferenz
Die Differenz der Standardpotentiale zwischen zwei Halbzellen, bezeichnet als Standardpotentialdifferenz $\Delta E^0$, entspricht der messbaren Spannung einer galvanischen Zelle unter Standardbedingungen. Sie wird berechnet als [8](#page=8):
$$ \Delta E^0 = E^0_{\text{Red}} - E^0_{\text{Ox}} $$ [8](#page=8).
wobei $E^0_{\text{Red}}$ das Standardpotential der Reduktionshalbzelle und $E^0_{\text{Ox}}$ das Standardpotential der Oxidationshalbzelle ist [8](#page=8).
**Tabelle einiger Standardreduktionspotentiale (Auszug):** [8](#page=8).
| Redoxsystem | Reduzierter Stoff | $E^0$ (Volt) | Oxidierter Stoff |
| :----------------------------------------------------- | :---------------- | :----------- | :--------------- |
| $Li^+ + e^- \rightleftharpoons Li$ | $Li$ | -3.05 | $Li^+$ |
| $Zn^{2+} + 2 \, e^- \rightleftharpoons Zn$ | $Zn$ | -0.763 | $Zn^{2+}$ |
| $2 \, H^+ + 2 \, e^- \rightleftharpoons H_2(g)$ | $H_2(g)$ | 0.000 | $H^+$ |
| $Cu^{2+} + 2 \, e^- \rightleftharpoons Cu$ | $Cu$ | 0.337 | $Cu^{2+}$ |
| $Ag^+ + e^- \rightleftharpoons Ag$ | $Ag$ | 0.799 | $Ag^+$ |
| $Cl_2 + 2 \, e^- \rightleftharpoons 2 \, Cl^-$ | $2 \, Cl^-$ | 1.359 | $Cl_2$ |
| $F_2 + 2 \, e^- \rightleftharpoons 2 \, F^-$ | $2 \, F^-$ | 2.65 | $F_2$ |
Metalle mit Standardreduktionspotentialen $< 0$ (unedle Metalle) können sich in nicht-oxidierenden starken Säuren auflösen [8](#page=8).
Für das Daniell-Element ergibt sich: $\Delta E^0 = 0.337 \, V - (-0.763 \, V) = 1.100 \, V$ [8](#page=8).
#### 2.2.2 Nernstsche Gleichung
Da die meisten chemischen Reaktionen nicht unter Standardbedingungen ablaufen (Konzentrationen sind oft nicht $1 \, M$), werden die gültigen Halbzellen-Reduktionspotentiale mit der Nernstschen Gleichung ermittelt. Für eine allgemeine Redoxreaktion $a \, \text{Ox} + n \, e^- \rightleftharpoons b \, \text{Red}$ gilt [9](#page=9):
$$ E = E^0 + \frac{R \cdot T}{n \cdot F} \ln \frac{[\text{Ox}]}{[\text{Red}]} $$ [9](#page=9).
wobei $R$ die ideale Gaskonstante, $T$ die absolute Temperatur, $n$ die Zahl der übertragenen Elektronen und $F$ die Faraday-Konstante ist [9](#page=9).
Bei $25^\circ C$ ($298 \, K$) vereinfacht sich die Gleichung zu:
$$ E = E^0 + \frac{0.05916}{n} \log \frac{[\text{Ox}]}{[\text{Red}]} $$ [9](#page=9).
Die Faraday-Konstante $F$ ist die Ladungsmenge von 1 mol Elektronen ($F \approx 96'500 \, C \cdot mol^{-1}$) [9](#page=9).
**Anmerkungen zur Nernstschen Gleichung:** [9](#page=9).
* **Für Metalle:** Die Aktivität des reinen Metalls ist konstant und wird in das Standardpotential $E^0$ einbezogen. Die Gleichung vereinfacht sich zu $E = E^0 + \frac{0.05916}{n} \log [M^{n+}]$ [9](#page=9).
* **Bei heterogenen Redoxgleichgewichten:** Die Konzentration von Festkörpern ist konstant und beeinflusst das Potential nicht direkt.
* **In Halbzellen mit verschiedenen Ionen desselben Elements:** Es werden inerte Elektroden verwendet (z.B. Pt).
Für $Fe^{3+} + e^- \rightleftharpoons Fe^{2+}$, mit $E^0 = 0.77 \, V$, gilt: $E = E^0 + 0.06 \log \frac{[Fe^{3+}]}{[Fe^{2+}]}$ [9](#page=9).
* **Komplexere Halbzellen:** Das Redoxpotential hängt von den Konzentrationen aller beteiligten Spezies ab. Die Konzentration von $H_2O$ in wässrigen Lösungen wird als konstant angenommen [10](#page=10).
Für $NO_3^- + 3 \, H^+ + 2 \, e^- \rightleftharpoons HNO_2 + H_2O$ gilt: $E = E^0 + 0.06 \log \frac{[NO_3^-][H^+]^3}{[HNO_2]}$ [10](#page=10).
**Beispiel zur Anwendung der Nernstschen Gleichung:**
Berechnen Sie die Potentialdifferenz zwischen zwei Cu-Elektroden in Lösungen mit $Cu^{2+}$-Konzentrationen von $0.1 \, M$ bzw. $0.01 \, M$ ($E^0_{Cu^{2+}/Cu} = 0.34 \, V$) [10](#page=10).
Für $Cu^{2+} + 2 \, e^- \rightleftharpoons Cu$:
1. $[Cu^{2+}] = 0.1 \, M$: $E_1 = 0.34 \, V + \frac{0.05916}{2} \log(0.1) = 0.34 \, V + 0.03 \cdot (-1) = 0.31 \, V$ [10](#page=10).
2. $[Cu^{2+}] = 0.01 \, M$: $E_2 = 0.34 \, V + \frac{0.05916}{2} \log(0.01) = 0.34 \, V + 0.03 \cdot (-2) = 0.28 \, V$ [10](#page=10).
Die Potentialdifferenz $\Delta E = E_1 - E_2 = 0.31 \, V - 0.28 \, V = 0.03 \, V$ [10](#page=10).
### 2.3 Prinzip der potentiometrischen pH-Messung und Abhängigkeit des Potentials vom pH
Potentiometrische pH-Messungen basieren auf der Konzentrationsabhängigkeit des Potentials, insbesondere der $H^+$-Konzentration [10](#page=10).
Für die Wasserstoff-Elektrode ($p(H_2) = 1.013 \, \text{bar}$, Pt-Stab, $T = 298 \, K$) gilt die Beziehung:
$$ E = E^0 + \frac{0.06}{2} \log \frac{1}{[H^+]^2} $$ [10](#page=10).
Da $E^0 = 0 \, V$ für die SHE, vereinfacht sich dies zu:
$$ E = -0.06 \log [H^+] = 0.06 \, \text{pH} $$ [10](#page=10).
Dies zeigt, dass das Potential direkt proportional zum pH-Wert ist [10](#page=10).
**Einfluss des pH-Werts auf das Reduktionspotential von Wasserstoff:** [11](#page=11).
Ändert sich der pH-Wert einer Lösung von 0 auf 14, ändert sich das Potential der Wasserstoff-Elektrode wie folgt:
* pH = 0: $E = 0 \, V$ [11](#page=11).
* pH = 7: $E = 0.06 \cdot 7 = 0.42 \, V$ (Anmerkung: Die Berechnung im Dokument führt zu $-0.42V$ durch $\log[H^+]$ statt $pH$, hier wurde die Formel $E = -0.06 \log[H^+]$ angewendet, die bei $pH=7$ zu $E = -0.06 \cdot (-7) = 0.42V$ führt) [11](#page=11).
* pH = 14: $E = 0.06 \cdot 14 = 0.84 \, V$ [11](#page=11).
Dies bedeutet, dass Wasserstoff in basischem Milieu ein stärkeres Reduktionsmittel wird, da die $H^+$-Konzentration sinkt und Wasserstoff leichter oxidiert wird [11](#page=11).
#### 2.3.1 Reaktionen von Metallen mit Wasser oder Säure
Metalle mit einem negativen Standardreduktionspotential ($E^0 < 0$) stehen in der Spannungsreihe oberhalb von Wasserstoff und reagieren mit wässrigen Säuren wie $HCl$ unter $H_2$-Entwicklung [11](#page=11).
Beispiel: $Zn(s) + 2 \, H^+(aq) \rightarrow Zn^{2+}(aq) + H_2(g)$ [11](#page=11).
Metalle mit positivem $E^0$ lösen sich nicht in $HCl$ [11](#page=11).
Für Wasser bei pH 7 ($[H^+] = 10^{-7} \, M$) beträgt das Potential $E = -0.414 \, V$. Metalle mit $E^0_{M^{n+}/M} < -0.414 \, V$ reagieren mit Wasser [11](#page=11):
Beispiel: $K(s) + H_2O(l) \rightarrow K^+(aq) + OH^-(aq) + \frac{1}{2} \, H_2(g)$ [11](#page=11).
Einige Metalle, wie Aluminium, können durch die Ausbildung einer Oxidschutzschicht passiviert werden und reagieren dann nicht mehr [11](#page=11).
Metalle mit $E^0 > 0$ benötigen oxidierende Säuren wie $HNO_3$ zum Auflösen, da $H^+$ allein nicht ausreicht [12](#page=12).
Beispiel für Silber in $HNO_3$:
$3 \, Ag(s) + NO_3^-(aq) + 4 \, H^+(aq) \rightarrow 3 \, Ag^+(aq) + NO(g) + 2 \, H_2O(l)$ [12](#page=12).
### 2.4 Beeinflussung von Redoxreaktionen durch Folgereaktionen
Die Reaktionsrichtung von Redoxreaktionen kann durch Folgereaktionen wie Fällung oder Komplexbildung beeinflusst werden [13](#page=13).
Beispiel: Die Reaktion zwischen $Cu^{2+}$ und $I^-$ [13](#page=13).
* $Cu^{2+} + e^- \rightleftharpoons Cu^+$, $E^0 = 0.17 \, V$ [13](#page=13).
* $\frac{1}{2} \, I_2 + e^- \rightleftharpoons I^-$, $E^0 = 0.53 \, V$ [13](#page=13).
Nach den Standardpotentialen sollte $Cu^{2+}$ nicht mit $I^-$ reagieren. Jedoch verschiebt sich das Gleichgewicht nach rechts aufgrund der Fällung von Kupfer(I)-iodid ($CuI$):
$Cu^{2+} + I^- \rightarrow Cu^+ + \frac{1}{2} \, I_2$ [13](#page=13).
$Cu^+ + I^- \rightarrow CuI(s)$ [13](#page=13).
Da $Cu^+$ als $CuI$ aus der Lösung entfernt wird, wird die erste Reaktion begünstigt [13](#page=13).
Zink ist in alkalischem Milieu ein besseres Reduktionsmittel als im Sauren, da die $Zn^{2+}$-Ionen als $[Zn(OH)_4]^{2-}$-Komplexe maskiert werden, was die Konzentration an freiem $Zn^{2+}$ stark reduziert. Dies beeinflusst das Potential entsprechend der Nernstschen Gleichung [13](#page=13).
> **Tip:** Achten Sie bei der Anwendung von Standardpotentialen als Faustregel für die Reaktionsrichtung darauf, ob Folgereaktionen (wie Fällung oder Komplexbildung) auftreten, die das Gleichgewicht stark verschieben können.
> **Tip:** Die Abhängigkeit von Redoxpotentialen vom pH-Wert ist entscheidend für das Verständnis von Reaktionen in wässrigen Lösungen. Ein höherer pH-Wert (weniger $H^+$) führt oft zu einer höheren Reduktionskraft für einige Systeme, während er die Oxidationskraft anderer verringert.
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# Thermodynamik von Redoxreaktionen und Gleichgewichte
Dieser Abschnitt untersucht die Verbindung zwischen Potentialdifferenzen und der freien Enthalpie sowie die Lage von Redoxgleichgewichten, einschliesslich Disproportionierungs- und Komproportionierungsreaktionen [14](#page=14).
### 3.1 Verknüpfung von Potentialdifferenzen mit der freien Enthalpie
Die Potentialdifferenz ($\Delta E$) einer Redoxreaktion ist direkt mit der Änderung der freien Enthalpie ($\Delta G$) verknüpft, was die thermodynamische Triebkraft der Reaktion angibt. Im Gleichgewicht ist die Potentialdifferenz Null, was bedeutet, dass die chemischen Potenziale der oxidierten und reduzierten Spezies auf beiden Seiten der Reaktion gleich sind [14](#page=14).
Die Beziehung zwischen der Standard-Potentialdifferenz ($\Delta E^0$) und der Standard-Änderung der freien Enthalpie ($\Delta G^0$) wird durch die folgende Gleichung beschrieben:
$$ \Delta G^0 = -n \cdot F \cdot \Delta E^0 $$
wobei:
- $n$ die Anzahl der ausgetauschten Elektronen pro Mol der reagierenden Stoffe ist [14](#page=14).
- $F$ die Faradaysche Konstante ist ($F \approx 96'500$ C $\cdot$ mol$^{-1}$) [14](#page=14).
Die Standard-Änderung der freien Enthalpie ($\Delta G^0$) repräsentiert die maximale Arbeit, die ein chemisches System unter Standardbedingungen leisten kann, in diesem Fall die elektrische Transportarbeit ($\Delta E \cdot Q$) [14](#page=14).
#### 3.1.1 Berechnung von Spannungsdifferenzen und unbekannten Standardpotentialen
Das Verständnis der Beziehung zwischen $\Delta G^0$ und $\Delta E^0$ ermöglicht die Berechnung einer dieser Grössen, wenn die andere bekannt ist.
> **Beispiel:** Die Änderung der freien Enthalpie für die Reaktion $\text{Cu}^{2+} + \text{Zn} \rightarrow \text{Zn}^{2+} + \text{Cu}$ beträgt $-212$ kJ pro Mol. Die Spannungsdifferenz $\Delta E^0$ (auch als elektromotorische Kraft, EMK, bezeichnet) kann wie folgt berechnet werden:
> $$ \Delta E^0 = \frac{\Delta G^0}{n \cdot F} = \frac{-212'000 \text{ J/mol}}{2 \cdot 96'500 \text{ C/mol}} \approx -1.1 \text{ V} $$
> Beachten Sie, dass $\Delta G^0$ negativ ist, was eine spontane Reaktion anzeigt, und die Spannungsdifferenz $\Delta E^0$ positiv wäre, wenn die Reaktion in einem galvanischen Element abläuft. Der Text gibt $-212$ kJ pro Mol an, was eine spontane Reaktion bedeutet und $\Delta E^0$ positiv wäre. Wenn wir $-212'000$ J/mol verwenden, erhalten wir ein positives $\Delta E^0 \approx 1.1$ V [15](#page=15).
Bei der Berechnung von Standardpotentialen für Reaktionen, die aus mehreren Teilreaktionen bestehen, können die Standardpotentiale selbst nicht direkt addiert werden, da sie intensive Grössen sind. Stattdessen müssen die entsprechenden Änderungen der freien Enthalpie ($\Delta G^0$) addiert werden. Diese addierten $\Delta G^0$-Werte können dann verwendet werden, um das Standardpotential der Gesamtreaktion zu berechnen.
$$ \Delta G^0_{\text{gesamt}} = \sum \Delta G^0_{\text{Teilreaktion}} $$
$$ -n_{\text{gesamt}} \cdot F \cdot \Delta E^0_{\text{gesamt}} = \sum (-n_i \cdot F \cdot \Delta E^0_i) $$
$$ \Delta E^0_{\text{gesamt}} = \frac{\sum (n_i \cdot \Delta E^0_i)}{n_{\text{gesamt}}} $$
> **Beispiel:** Für die Berechnung von $\text{E}^0(\text{Fe}^{3+}/\text{Fe})$ aus $\text{E}^0(\text{Fe}^{3+}/\text{Fe}^{2+})$ und $\text{E}^0(\text{Fe}^{2+}/\text{Fe})$.
>
> $\text{Fe}^{3+} + \text{e}^- \rightarrow \text{Fe}^{2+}$ $\text{E}^0_1 = 0.771$ V, $n_1 = 1$ [1](#page=1).
> $\text{Fe}^{2+} + 2\text{e}^- \rightarrow \text{Fe}$ $\text{E}^0_2 = -0.440$ V, $n_2 = 2$ [2](#page=2).
> $\text{Fe}^{3+} + 3\text{e}^- \rightarrow \text{Fe}$ $\text{E}^0_3 =?$, $n_3 = 3$ [3](#page=3).
>
> Die Gesamtgleichung ergibt sich aus der Summe von und unter Berücksichtigung der Elektronenbilanz [1](#page=1) [2](#page=2) [3](#page=3).
>
> $\Delta G^0_3 = \Delta G^0_1 + \Delta G^0_2$
>
> $-n_3 F E^0_3 = -n_1 F E^0_1 - n_2 F E^0_2$
>
> $E^0_3 = \frac{n_1 E^0_1 + n_2 E^0_2}{n_3} = \frac{(1 \cdot 0.771 \text{ V}) + (2 \cdot (-0.440 \text{ V}))}{3} = \frac{0.771 - 0.880}{3} = \frac{-0.109}{3} \approx -0.036 \text{ V}$ [15](#page=15).
### 3.2 Lage von Redoxgleichgewichten
Die Lage eines Redoxgleichgewichts, wie z.B. $\text{Fe}^{2+} + \text{Ce}^{4+} \rightleftharpoons \text{Fe}^{3+} + \text{Ce}^{3+}$, wird durch die Differenz zwischen den Standardpotentialen der beteiligten Redoxpaare bestimmt [16](#page=16).
Als Faustregel gilt: Das stärkere Oxidationsmittel (höheres $\text{E}^0$) reagiert mit dem stärkeren Reduktionsmittel (niedrigeres $\text{E}^0$) [16](#page=16).
Die Gleichgewichtskonstante ($K_{\text{GI}}$) einer Redoxreaktion kann aus der Standard-Potentialdifferenz berechnet werden:
$$ \Delta E^0 = \frac{RT}{nF} \ln K_{\text{GI}} $$
oder umgeformt für Logarithmen zur Basis 10, unter der Annahme von $T \approx 298$ K:
$$ \Delta E^0 \approx 0.059 \text{ V} \cdot \frac{1}{n} \log_{10} K_{\text{GI}} $$
$$ \log_{10} K_{\text{GI}} = \frac{n \cdot \Delta E^0}{0.059 \text{ V}} $$
$$ K_{\text{GI}} = 10^{\frac{n \cdot \Delta E^0}{0.059 \text{ V}}} $$
> **Beispiel:** Für die Reaktion $\text{Fe}^{2+} + \text{Ce}^{4+} \rightleftharpoons \text{Fe}^{3+} + \text{Ce}^{3+}$ mit $\text{E}^0(\text{Fe}^{3+}/\text{Fe}^{2+}) = 0.7$ V und $\text{E}^0(\text{Ce}^{4+}/\text{Ce}^{3+}) = 1.4$ V. Hier reagiert das stärkere Oxidationsmittel $\text{Ce}^{4+}$ mit dem stärkeren Reduktionsmittel $\text{Fe}^{2+}$.
>
> $\Delta E^0 = \text{E}^0(\text{Ce}^{4+}/\text{Ce}^{3+}) - \text{E}^0(\text{Fe}^{3+}/\text{Fe}^{2+}) = 1.4 \text{ V} - 0.7 \text{ V} = 0.7 \text{ V}$.
> Mit $n=1$:
> $$ K_{\text{GI}} = 10^{\frac{1 \cdot 0.7 \text{ V}}{0.059 \text{ V}}} \approx 10^{11.86} \approx 10^{12} $$
> Eine so grosse Gleichgewichtskonstante deutet darauf hin, dass die Reaktion stark nach rechts abläuft [16](#page=16).
### 3.3 Disproportionierung und Komproportionierung
* **Disproportionierung:** Eine Redoxreaktion, bei der eine Spezies gleichzeitig oxidiert und reduziert wird [17](#page=17) [18](#page=18).
* **Komproportionierung:** Der umgekehrte Vorgang der Disproportionierung, bei dem eine Spezies in einer höheren und eine in einer tieferen Oxidationsstufe zu einer mittleren Oxidationsstufe reagieren [17](#page=17).
#### 3.3.1 pH-Abhängigkeit von Redoxgleichgewichten
Die Lage von Redoxgleichgewichten kann stark vom pH-Wert abhängen, insbesondere wenn Protonen oder Hydroxidionen an der Reaktion beteiligt sind.
> **Beispiel:** Die Reaktion von Chlor:
>
> $\text{Cl}_2 + 2\text{e}^- \rightarrow 2\text{Cl}^-$ $\text{E}^0(\text{Cl}_2/2\text{Cl}^-) = 1.36$ V
>
> $2\text{ClO}^- + 4\text{H}^+ + 2\text{e}^- \rightarrow \text{Cl}_2 + 2\text{H}_2\text{O}$ $\text{E}^0(2\text{ClO}^-/\text{Cl}_2) = 1.63$ V
>
> Die Disproportionierung von $\text{Cl}_2$ kann folgendermassen ausgedrückt werden:
>
> $\text{Cl}_2 + \text{H}_2\text{O} \rightleftharpoons \text{Cl}^- + \text{HOCl} + \text{H}^+$
>
> Die Potentiale sind pH-abhängig. Das Potential für das $\text{ClO}^-/\text{Cl}_2$-System kann wie folgt angenähert werden:
>
> $\text{E}(\text{ClO}^-/\text{Cl}_2) \approx 1.63 \text{ V} + 0.06 \cdot \frac{1}{2} \log \frac{[\text{ClO}^-][\text{H}^+]^4}{[\text{Cl}_2]}$
>
> Da die Reaktion oft mit $\text{HOCl}$ formuliert wird, was im sauren Bereich stabiler ist, und die tatsächliche Reaktion komplexer sein kann, wird die Abhängigkeit vom pH deutlich.
>
> Bei hohem pH (basisch) wird das Chlorat-Ion ($\text{ClO}_3^-$) gebildet, was eine Disproportionierung begünstigt. Bei niedrigem pH (sauer) wird das System stabiler [17](#page=17).
>
> Wenn $\text{E}(\text{ClO}^-/\text{Cl}_2) = \text{E}(\text{Cl}_2/2\text{Cl}^-)$, herrscht Gleichgewicht.
>
> Bei pH = 7: $\text{E}(\text{ClO}^-/\text{Cl}_2) \approx 1.63 + 0.12 \cdot (-7) = 1.63 - 0.84 = 0.79$ V. Da $\text{E}(\text{ClO}^-/\text{Cl}_2) < \text{E}(\text{Cl}_2/2\text{Cl}^-)$, läuft die Reaktion nach links (Komproportionierung von $\text{Cl}^-$ und $\text{ClO}^-$ zu $\text{Cl}_2$).
>
> Der pH-Wert, bei dem $\text{E}(\text{ClO}^-/\text{Cl}_2) = 1.36$ V ist (d.h. $\text{Cl}_2$ im Gleichgewicht mit $\text{Cl}^-$), ist etwa pH = 2.25 [17](#page=17).
> **Beispiel für eine Disproportionierung:** Kupfer(I)-ionen ($\text{Cu}^{+}$) sind instabil in wässriger Lösung und disproportionieren zu $\text{Cu}^{2+}$ und $\text{Cu}$.
>
> $\text{Cu}^{+} + \text{e}^- \rightarrow \text{Cu}$ $\text{E}^0 = 0.53$ V
>
> $\text{Cu}^{2+} + \text{e}^- \rightarrow \text{Cu}^{+}$ $\text{E}^0 = 0.15$ V
>
> Gesamtreaktion: $2\text{Cu}^{+} \rightarrow \text{Cu}^{2+} + \text{Cu}$
>
> $\Delta E^0 = \text{E}^0(\text{Cu}^{+}/\text{Cu}) - \text{E}^0(\text{Cu}^{2+}/\text{Cu}^{+}) = 0.53 \text{ V} - 0.15 \text{ V} = 0.38 \text{ V}$.
>
> Diese positive $\Delta E^0$ zeigt, dass die Disproportionierung spontan ist [18](#page=18).
> **Beispiel für Disproportionierung durch Erhitzen:** Kaliumchlorat ($\text{KClO}_3$) zersetzt sich beim Erhitzen zu Kaliumperchlorat ($\text{KClO}_4$) und Kaliumchlorid ($\text{KCl}$).
>
> Die Chlorat-Spezies ($\text{Cl}^{+5}$) kann zu Perchlorat ($\text{Cl}^{+7}$, Oxidation) und Chlorid ($\text{Cl}^{-1}$, Reduktion) disproportionieren.
>
> $2\text{KClO}_3 \xrightarrow{\Delta} \text{KClO}_4 + \text{KCl} + \text{O}_2$ [18](#page=18).
> (Hinweis: Die Abbildung im Dokument zeigt nur grob die beteiligten Spezies und muss zur vollständigen Gleichung umgeformt werden.)
### 3.4 Darstellung von Standardpotentialen: Frost- und Latimer-Diagramme
Frost- und Latimer-Diagramme sind nützliche Werkzeuge zur übersichtlichen Darstellung von Standardpotentialen zwischen benachbarten Oxidationsstufen eines Elements. Sie helfen bei der Analyse der Stabilitäten und Reaktivitäten von Redoxsystemen.
* **Latimer-Diagramm:** Eine tabellarische Darstellung, die die Oxidationsstufen eines Elements von der höchsten positiven zur niedrigsten negativen in einer Zeile auflistet. Zwischen benachbarten Oxidationsstufen werden die entsprechenden Standardpotentiale angegeben [18](#page=18).
> **Beispiel:** Latimer-Diagramm für Chlor in saurer Lösung [18](#page=18).
>
> $\text{ClO}_3^- \xrightarrow{1.175 \text{ V}} \text{ClO}_2^- \xrightarrow{1.188 \text{ V}} \text{HClO}_2 \xrightarrow{1.674 \text{ V}} \text{HClO} \xrightarrow{1.630 \text{ V}} \text{Cl}_2 \xrightarrow{1.358 \text{ V}} \text{Cl}^-$
>
> *Beachte: Im Dokument ist bei $\text{ClO}_2^-$ ein Fehler, es sollte sich um $\text{ClO}_2$ handeln.*
* **Frost-Diagramm:** (Nicht detailliert im Auszug beschrieben, aber erwähnt als grafisches Werkzeug zur Darstellung von Redoxsystemen). Bietet eine grafische Darstellung der thermodynamischen Stabilität von Oxidationsstufen in Abhängigkeit von pH und Potential [18](#page=18).
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# Darstellung von Redoxsystemen
Die Darstellung von Redoxsystemen erfolgt häufig mittels Latimer- und Frost-Diagrammen, die eine übersichtliche grafische bzw. tabellarische Aufbereitung von Standardpotentialen zwischen benachbarten Oxidationsstufen eines Elements ermöglichen und so Stabilitäten sowie Reaktivitäten analysieren lassen [18](#page=18).
### 4.1 Latimer-Diagramm
Das Latimer-Diagramm ist eine kompakte tabellarische Darstellung der Standardpotentiale zwischen benachbarten Oxidationsstufen eines Elements. Es listet die Oxidationsstufen eines Elements von der höchsten positiven (links) zur niedrigsten (rechts) auf und gibt die entsprechenden Standardpotentiale ($E^\circ$) zwischen ihnen an [18](#page=18).
**Struktur eines Latimer-Diagramms:**
Ox. Stufe 1 $\xrightarrow{E^\circ_1}$ Ox. Stufe 2 $\xrightarrow{E^\circ_2}$ Ox. Stufe 3.. [18](#page=18).
**Beispiele für Latimer-Diagramme:**
1. **Chlor in saurer Lösung:**
$$ \text{Cl}_2 \xrightarrow{1.358 \text{ V}} \text{HClO}_2 \xrightarrow{1.630 \text{ V}} \text{HClO}_2 \xrightarrow{1.188 \text{ V}} \text{ClO}_2 \xrightarrow{1.175 \text{ V}} \text{ClO}_3^- \xrightarrow{1.674 \text{ V}} \text{ClO}_4^- $$
(Anmerkung: Die Darstellung im Quelldokument enthält eine Inkonsistenz bei HCIO2 und ClO2, hier der Ordnung nach dargestellt) [18](#page=18).
2. **Chlor in basischer Lösung:**
$$ \text{Cl}_2 \xrightarrow{1.358 \text{ V}} \text{ClO}^- \xrightarrow{0.421 \text{ V}} \text{ClO}_2^- \xrightarrow{0.681 \text{ V}} \text{ClO}_2 \xrightarrow{1.071 \text{ V}} \text{ClO}_3^- \xrightarrow{-0.481 \text{ V}} \text{ClO}_4^- \xrightarrow{0.374 \text{ V}} \text{Cl}^- $$
(Anmerkung: Die Darstellung im Quelldokument enthält eine Inkonsistenz bei ClO2, hier der Ordnung nach dargestellt) [18](#page=18).
**Interpretation von Latimer-Diagrammen:**
* Hohe Spannungsunterschiede (insbesondere im sauren Milieu) deuten darauf hin, dass die meisten Spezies starke Oxidationsmittel sind, mit Ausnahme von Chloridionen ($ \text{Cl}^- $) [18](#page=18).
* Eine Spezies neigt zur Disproportionierung, wenn das rechte Potential (für die Reduktion) größer ist als das linke Potential (für die Oxidation). Dies deutet auf Instabilität hin, wie z.B. bei $ \text{HClO}_2 $, $ \text{ClO}_2 $ und $ \text{Cl}_2 $ im Basischen [18](#page=18) [19](#page=19).
### 4.2 Frost-Diagramm (Redoxpotenzial-Diagramm)
Das Frost-Diagramm, auch Redoxpotenzial-Diagramm oder Frost-Ebsworth-Diagramm genannt, ist eine grafische Darstellung, die die relative Stabilität der Oxidationsstufen eines Elements im Vergleich zum freien Element (Oxidationsstufe 0) aufzeigt [19](#page=19).
**Achsenbeschriftung:**
* **x-Achse:** Oxidationsstufe des Elements [19](#page=19).
* **y-Achse:** Eine Größe proportional zur freien Energie, definiert als $ N \cdot E^\circ $ [19](#page=19).
* $ N $: Oxidationsstufe des Elementatoms [19](#page=19).
* $ E^\circ $: Standard-Reduktionspotential, das mit der Umwandlung des freien Elements in die jeweilige Oxidationsstufe verknüpft ist [19](#page=19).
**Beispiele für Frost-Diagramme:**
1. **Mangan bei zwei verschiedenen pH-Werten (pH = 0 und pH = 14):**
(Abbildung wird hier nicht wiedergegeben, da es sich um ein Bild handelt) [19](#page=19).
2. **Chlor bei zwei verschiedenen pH-Werten (pH = 0 und pH = 14):**
(Abbildung wird hier nicht wiedergegeben, da es sich um ein Bild handelt) [20](#page=20).
**Interpretation von Frost-Diagrammen:**
1. Die tiefsten Punkte im Diagramm repräsentieren die stabilsten Oxidationsstufen [19](#page=19).
2. Negative Werte von $ N \cdot E^\circ $ bedeuten, dass die entsprechende Oxidationsstufe stabiler als das freie Element ist [19](#page=19).
3. Positive Werte deuten auf eine geringere Stabilität im Vergleich zum freien Element hin [19](#page=19).
4. Eine Oxidationsstufe neigt zur **Disproportionierung**, wenn sie oberhalb einer Geraden liegt, die zwischen zwei benachbarten Oxidationsstufen gezogen wird [20](#page=20).
5. Liegt eine Oxidationsstufe unterhalb solch einer Geraden, neigen die beiden durch die Gerade verbundenen Ausgangszustände zur **Komproportionierung** zu diesem Zustand [20](#page=20).
Frost-Diagramme ermöglichen somit die Vorhersage bestimmter Redoxreaktionen [20](#page=20).
**Erstellung eines Frost-Diagramms:**
1. **Ermittlung der Standard-Reduktionspotentiale ($ E^\circ $):** Diese werden für die Umwandlung des Elements in die jeweilige Oxidationsstufe relativ zum Element selbst bestimmt [20](#page=20).
* Beispiel für Chlor in saurer Lösung:
* $ E^\circ(\text{Cl}_2/\text{Cl}^-) = 1.358 \text{ V} $
* $ E^\circ(\text{HClO}/\text{Cl}_2) = 1.630 \text{ V} $
* $ E^\circ(\text{HClO}_2/\text{HClO}) = 1.674 \text{ V} $
* $ E^\circ(\text{ClO}_2/\text{HClO}_2) = 1.188 \text{ V} $
* $ E^\circ(\text{ClO}_3^-/\text{ClO}_2) = 1.175 \text{ V} $
* $ E^\circ(\text{ClO}_4^-/\text{ClO}_3^-) = 1.201 \text{ V} $ [20](#page=20).
2. **Berechnung von $ N \cdot E^\circ $:** Die ermittelten $ E^\circ $-Werte werden mit der jeweiligen Oxidationsstufe ($ N $) multipliziert. Diese Werte werden auf der y-Achse aufgetragen [20](#page=20).
* Beispiel für Chlor:
* $ \text{Cl}_2 $ (Ox. Stufe 0): $ N \cdot E^\circ = 0 \cdot 1.358 = 0 $
* $ \text{HClO} $ (Ox. Stufe +1): $ N \cdot E^\circ = 1 \cdot 1.630 = 1.630 $
* $ \text{HClO}_2 $ (Ox. Stufe +3): $ N \cdot E^\circ = 3 \cdot 1.674 = 5.022 $ (Anmerkung: Berechnung im Dokument inkonsistent, Beispielwert $ 4.978 $ ) [20](#page=20).
* $ \text{ClO}_2 $ (Ox. Stufe +4): $ N \cdot E^\circ = 4 \cdot 1.188 = 4.752 $
* $ \text{ClO}_3^- $ (Ox. Stufe +5): $ N \cdot E^\circ = 5 \cdot 1.175 = 5.875 $
* $ \text{ClO}_4^- $ (Ox. Stufe +7): $ N \cdot E^\circ = 7 \cdot 1.201 = 8.407 $ [20](#page=20).
3. **Auftragen und Verbinden der Punkte:** Die berechneten Wertepaare ($ N $, $ N \cdot E^\circ $) werden in einem Diagramm dargestellt und die Punkte durch Linien verbunden [20](#page=20).
> **Tip:** Bei der Erstellung von Frost-Diagrammen ist es entscheidend, die Standardpotentiale immer auf die Umwandlung vom freien Element zur jeweiligen Oxidationsstufe zu beziehen und die korrekten Oxidationsstufen für die Multiplikation zu verwenden. Ungenauigkeiten hierbei führen zu falschen Interpretationen der Stabilitäten [20](#page=20).
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## Häufige fehler vermeiden
- Überprüfen Sie alle Themen gründlich vor Prüfungen
- Achten Sie auf Formeln und wichtige Definitionen
- Üben Sie mit den in jedem Abschnitt bereitgestellten Beispielen
- Memorieren Sie nicht ohne die zugrunde liegenden Konzepte zu verstehen
Glossary
| Term | Definition |
|------|------------|
| Redoxreaktion | Eine chemische Reaktion, bei der Elektronen zwischen Reaktanten übertragen werden, was zu Änderungen der Oxidationszahlen der beteiligten Atome führt. |
| Oxidation | Der Prozess der Elektronenabgabe durch ein Atom, Molekül oder Ion, was zu einer Erhöhung seiner Oxidationszahl führt. |
| Reduktion | Der Prozess der Elektronenaufnahme durch ein Atom, Molekül oder Ion, was zu einer Erniedrigung seiner Oxidationszahl führt. |
| Oxidationsmittel | Eine Substanz, die Elektronen aufnimmt und dadurch selbst reduziert wird, während sie eine andere Substanz oxidiert. |
| Reduktionsmittel | Eine Substanz, die Elektronen abgibt und dadurch selbst oxidiert wird, während sie eine andere Substanz reduziert. |
| Oxidationszahl | Eine dem Atom in einer chemischen Verbindung zugewiesene fiktive Ladung, die seine relative Oxidation angibt. |
| Elektrolyse | Ein Prozess, bei dem elektrischer Strom verwendet wird, um eine nicht-spontane chemische Reaktion zu erzwingen, typischerweise durch Oxidation und Reduktion an Elektroden. |
| Galvanische Zelle | Eine elektrochemische Zelle, die chemische Energie in elektrische Energie umwandelt; sie nutzt spontane Redoxreaktionen zur Stromerzeugung. |
| Elektrochemisches Potential | Die Potentialdifferenz zwischen zwei Elektroden in einer elektrochemischen Zelle, die ein Mass für die treibende Kraft der Redoxreaktion ist. |
| Standardpotential | Das Potential einer Halbzelle unter Standardbedingungen (1 M Konzentrationen, 1 atm Druck für Gase, 25°C), gemessen im Vergleich zur Standard-Wasserstoffelektrode. |
| Nernstsche Gleichung | Eine Gleichung, die die Abhängigkeit des elektrochemischen Potentials einer Halbzelle von den Konzentrationen der Reaktanten und Produkte beschreibt. |
| Freie Enthalpie (Gibbs-Energie) | Eine thermodynamische Grösse, die die maximale Arbeit angibt, die ein System bei konstanter Temperatur und konstantem Druck leisten kann; ihre Änderung gibt die Spontaneität einer Reaktion an. |
| Disproportionierung | Eine Redoxreaktion, bei der eine Spezies sowohl oxidiert als auch reduziert wird und dabei Produkte in höheren und niedrigeren Oxidationsstufen bildet. |
| Komproportionierung | Eine Redoxreaktion, bei der zwei Spezies desselben Elements in unterschiedlichen Oxidationsstufen reagieren, um eine mittlere Oxidationsstufe zu bilden. |
| Latimer-Diagramm | Eine tabellarische Darstellung von Standardpotentialen zwischen benachbarten Oxidationsstufen eines Elements, die zur Analyse der Reaktivität verwendet wird. |
| Frost-Diagramm | Ein Diagramm, das die relative Stabilität von Oxidationsstufen eines Elements grafisch darstellt, wobei die Oxidationsstufe gegen eine Grösse proportional zur freien Energie aufgetragen wird. |