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Summary
# Die Person Stepan Bandera und seine Rolle im ukrainischen Nationalismus
Die Person Stepan Bandera und seine Rolle im ukrainischen Nationalismus sind Gegenstand kontroverser Debatten, die tief in die jüngere Geschichte der Ukraine und ihre Beziehungen zu Nachbarländern sowie westlichen Staaten reichen [6](#page=6).
### 1.1 Die historische Figur Stepan Bandera
#### 1.1.1 Herkunft und frühe Jahre
Stepan Bandera wurde am 1. Januar 1909 in Stari Uhriniw in Galizien geboren, einer Region, die zur damaligen Zeit Teil der Donaumonarchie war. Als Sohn eines griechisch-katholischen Priesters entwickelte er schon in jungen Jahren ein Interesse für Religion und nationalistische Ideen. Dies führte ihn zum Engagement im Kampf für einen unabhängigen ukrainischen Staat [6](#page=6).
#### 1.1.2 Mitgliedschaft in nationalistischen Organisationen
Bereits während seiner Schulzeit schloss sich Bandera der Ukrainischen Militärischen Organisation (UWO) an und später der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN). Diese Organisationen wurden von ukrainischen Veteranen des Ersten Weltkriegs gegründet, die UWO im Jahr 1921 in Prag und die OUN 1929 in Wien. Die OUN war vor allem in Polen stark vertreten, während sie in der damaligen sowjetischen Ukraine, wo die Mehrheit der Ukrainer lebte, weitgehend unbekannt war [6](#page=6).
#### 1.1.3 Aufstieg und radikale Tendenzen
Bandera stieg in der OUN schnell in der Hierarchie auf und wurde Anfang 1933 zum Führer (Prowidnik) der Landesexekutive der OUN in Polen ernannt. In dieser Funktion war er Mitverantwortlicher für die Ermordung mehrerer polnischer Politiker sowie ukrainischer Gegner des Nationalismus oder Kollaborateure des polnischen Staates. Nach dem erfolgreichen Attentat auf den polnischen Innenminister Bronislaw Pieracki im Jahr 1934 wurde Bandera verhaftet und kehrte erst 1939 während des deutschen Angriffs auf Polen aus dem Gefängnis frei. In den 1930er und frühen 1940er Jahren radikalisierte sich der ukrainische Nationalismus zunehmend und orientierte sich am italienischen Faschismus, was zur Entstehung einer ukrainischen Variante des Faschismus führte, die einen ethnisch homogenen Staat anstrebte. Die OUN schmiedete konkrete Pläne zur Vertreibung oder Ermordung von Juden, Polen und Russen zur Erreichung dieses Ziels [7](#page=7).
#### 1.1.4 Rolle während des Zweiten Weltkriegs
Obwohl Bandera von 1941 bis 1944 grösstenteils in Haft war, war er in die Umsetzung der Pläne der OUN involviert. Er unterstützte die deutsche Wehrmacht bei der Vorbereitung der Operation Barbarossa und verfolgte die Absicht, nach dem erwarteten Sieg zum Oberhaupt eines ukrainisch-faschistischen Staates zu werden, der am 30. Juni 1941 in Lwiw proklamiert wurde. Dieses Vorgehen widersprach jedoch den deutschen Plänen, woraufhin Bandera verhaftet und bis September 1944 als privilegierter "Sonderhäftling" im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert wurde [7](#page=7).
Während Banderas Inhaftierung wurde die multiethnische Westukraine durch ukrainische Nationalisten in einen ethnisch homogenen Raum umgewandelt. Die deutschen Besatzer ermordeten in der Westukraine 800.000 Juden, wobei OUN-Mitglieder aktiv unterstützten, insbesondere bei der Organisation von Pogromen im Sommer 1941. Viele Nationalisten und auch gewöhnliche Bürger traten der ukrainischen Polizei bei und beteiligten sich an der Vernichtung der Juden. Im April 1943 desertierten 5.000 ukrainische Polizisten und schlossen sich der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA) an, die Ende 1942 von der OUN gegründet worden war. In den folgenden zwei Jahren tötete die UPA schätzungsweise 100.000 Polen in Wolhynien und Galizien. Auch wenn Bandera während seiner Gefangenschaft nicht im Detail über alle Ereignisse informiert war, stimmten die Massenmorde an Juden und Polen, die auf einen ethnisch homogenen Staat abzielten, weitgehend mit seinen politischen Vorstellungen und den Zielen der OUN überein. Parallel dazu setzte der sowjetische Terror, der bereits in den 1920er und 1930er Jahren begann und im Sommer 1944 intensiviert wurde, ebenfalls extrem brutal ein. Die sowjetische Geheimpolizei (NKWD) ermordete in der Westukraine über 150.000 Personen und deportierte mehr als 200.000 ins Innere der Sowjetunion [7](#page=7).
#### 1.1.5 Nachkriegszeit und Ermordung
Nach seiner Entlassung aus der Haft im September 1944 unterstützte Bandera die Wehrmacht, bis er Anfang 1945 Berlin verliess. Anschliessend lebte er in München, wo er mit Unterstützung westlicher Geheimdienste ein neues OUN-Zentrum aufbaute. Er führte ein zurückgezogenes Leben und schwor dem Faschismus nie ab. Am 15. Oktober 1959 wurde er vom KGB ermordet [8](#page=8).
### 1.2 Die umstrittene Verehrung Stepan Banderas in der Ukraine
#### 1.2.1 Entstehung des Bandera-Kults
Nach Banderas Tod begann die ukrainische Diaspora, ihn zunehmend als Nationalhelden zu stilisieren, der für die Ukraine im Kampf gegen die Sowjetunion gefallen sei. Dieser Mythos wurde nach dem Zerfall der Sowjetunion in der Westukraine sowohl von antisowjetischen Dissidenten als auch von Neofaschisten aufgegriffen und manifestiert sich in zahlreichen Denkmälern, Museen, Strassennamen, Briefmarken und anderen Formen der Erinnerung. Die Zentral- und Ostukraine blieb dem Kult gegenüber lange Zeit kühl eingestellt [8](#page=8).
#### 1.2.2 Ursachen für die Kontroverse und internationale Reaktionen
Die fast uneingeschränkte Verehrung Banderas in der Ukraine sorgt international regelmässig für Irritationen. Insbesondere Polens und Israels Kritik unterstreichen die Schwierigkeit, mit dem Erbe dieser Figur umzugehen. Präsident Putins Argumentation, seinen Angriff auf die Ukraine als "Spezialoperation" zur "De-Nazifizierung" des Landes darzustellen, verunglimpft das Land und nutzt dabei geschichtsklitternd die Figur Banderas [6](#page=6).
#### 1.2.3 Wissenschaftliche Perspektive vs. Bandera-Kult
Der Bandera-Kult ignoriert laut Grzegorz Rossolinski-Liebe die Erkenntnisse der Geschichtswissenschaft, insbesondere in Bezug auf den Holocaust, Nationalismus und Faschismus. Viele ukrainische und deutsche Historiker haben das Thema jahrelang unter den Teppich gekehrt oder kritische Forscher angegriffen. Wissenschaftlich betrachtet, sollte Bandera als Politiker eingeordnet werden, der den ukrainischen Nationalismus radikalisierte, zum ukrainischen Faschismus beitrug und Massengewalt als politisches Werkzeug einsetzte. Er wäre damit in einem Kontext mit Figuren wie dem kroatischen Ustasa-Führer Ante Pavelić zu sehen [6](#page=6) [8](#page=8).
#### 1.2.4 Die Rolle von Hass auf Russland und Verweigerung wissenschaftlicher Forschung
Ein Kernmerkmal der Bandera-Verehrer, die auch Personen aus dem gesellschaftlichen Mainstream einschliessen, ist der Hass auf Russland, eine spezifische Form des ukrainischen Patriotismus und die Weigerung, wissenschaftliche Forschung zur Person Banderas zur Kenntnis zu nehmen. Diese Haltung schadet dem ukrainischen Staat erheblich und macht ihn angreifbar [8](#page=8) [9](#page=9).
#### 1.2.5 Aktuelle Unmöglichkeit der Aufarbeitung
Derzeit machen die Erinnerung an den Terror des NKWD in der Westukraine und Russlands Angriffskrieg eine kritische Aufarbeitung der Geschichte des ukrainischen Nationalismus und Faschismus nahezu unmöglich. Der Bandera-Kult ist zu stark in das Narrativ des Freiheitskampfes eingebunden, insbesondere in der Westukraine. Historische Kommissionen haben sich oft mehr mit dem gegen Ukrainer gerichteten Terror beschäftigt als mit Themen wie Kollaboration, Faschismus und Antisemitismus, die teilweise als Propaganda abgewiesen wurden [9](#page=9).
> **Tip:** Die Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit ist ein entscheidender Schritt für die demokratische Reife eines Landes. Im Falle der Ukraine bedeutet dies, auch die Rolle als Täter neben der als Opfer anzuerkennen.
### 1.3 Bandera im Kontext des aktuellen Konflikts
Putins Argumentation der "Entnazifizierung" der Ukraine stützt sich auf eine geschichtsklitternde Darstellung, die die komplexe historische Realität von Figuren wie Stepan Bandera instrumentalisiert. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Figur Banderas und seiner Organisationen ist entscheidend, um Putins Propaganda entgegenzuwirken und eine fundierte Debatte über die ukrainische Geschichte zu ermöglichen. Dies würde auch dazu beitragen, die Beziehungen zu Polen, Israel und Deutschland zu entspannen [6](#page=6) [8](#page=8).
> **Example:** Ein diplomatischer Umgang mit der Figur Banderas, der seine historische Rolle differenziert betrachtet und wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt, wäre ein Zeichen politischer Reife für den ukrainischen Staat und würde Putin politisch die Grundlage für seine Vorwürfe entziehen.
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# Die Ukraine im Zweiten Weltkrieg und der Holocaust
Die Ukraine war während des Zweiten Weltkriegs ein zentraler Schauplatz der Gewalt und Zerstörung, der als Teil der sogenannten „Bloodlands“ zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und der Sowjetunion enorm unter dem Vernichtungskrieg litt und zum Ort des Holocausts wurde.
### 1.1 Die Ukraine als Teil der „Bloodlands“
Die Ukraine wurde zu einem der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkriegs und zählt zu den sogenannten „Bloodlands“, einem Begriff, der von dem US-amerikanischen Historiker Timothy Snyder geprägt wurde und Regionen zwischen Deutschland und Russland bezeichnet, die unter den totalitären Regimen Hitlers und Stalins besonders stark von Massengewalt betroffen waren. Das Land erlebte immense Verluste mit über acht Millionen Toten, von denen schätzungsweise fünf Millionen Zivilisten waren, die dem deutschen Vernichtungskrieg zum Opfer fielen [4](#page=4).
Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion im Jahr 1941 wurde die anfängliche Hoffnung auf Befreiung durch die Deutschen schnell zerschlagen. Das NS-Regime betrachtete das ukrainische Territorium als Teil der deutschen „Osterweiterung“, mit dem Ziel, „Lebensraum im Osten“ für das deutsche Volk zu schaffen. Mehr als 2,4 Millionen Männer und Frauen wurden als „Ostarbeiter“ aus dem besetzten „Reichskommissariat Ukraine“ ins Deutsche Reich deportiert, wo sie unter Zwangsarbeit litten und viele von ihnen starben [4](#page=4).
Es gab auch Fälle von Kollaboration mit den Nationalsozialisten. Organisationen wie die „Organisation Ukrainischer Nationalisten“ (OUN) hofften auf die Unterstützung Hitlers für einen ukrainischen Nationalstaat. Ukrainische Männer wurden auch für das „Bataillon Nachtigall“ rekrutiert, das an der Seite der Wehrmacht gegen die Sowjetunion kämpfen sollte. Als jedoch klar wurde, dass die Nationalsozialisten die ukrainischen Nationalbestrebungen nicht unterstützten, wandten sich Teile des Bataillons gegen die deutschen Besatzer und wurden schließlich entwaffnet, wobei einige Offiziere flohen und andere in Gestapo-Haft gerieten [4](#page=4).
### 1.2 Die Vernichtung jüdischen Lebens im Holocaust
Die Ukraine war eine Region, in der der Holocaust in besonders brutalem Ausmaß stattfand. Rund 1,6 Millionen Jüdinnen und Juden wurden dort Opfer der Nationalsozialisten. Die jüdische Bevölkerung, deren Präsenz in der heutigen Ukraine über zweitausend Jahre dokumentiert ist, wurde Ziel systematischer Massaker [4](#page=4).
Prominente Beispiele für diese Verbrechen sind Massenmorde in Charkiw und Berditschew. Das bekannteste dieser Verbrechen auf ukrainischem Boden ist das Massaker von Babyn Jar bei Kiew, wo in einer Schlucht mehr als 30.000 Menschen ermordet wurden. An diesen Ermordungen waren neben nationalsozialistischen Polizei-Bataillonen und -Regimentern auch Mitglieder der „Ukrainischen Nationalisten“ (OUN) beteiligt [4](#page=4).
Nach der Rückeroberung der Ukraine durch die Rote Armee im Jahr 1944 wurden die wenigen überlebenden Jüdinnen und Juden zu Opfern antijüdischer Kampagnen durch die Sowjetunion [5](#page=5).
> **Tip:** Das Konzept der „Bloodlands“ ist entscheidend, um das Ausmaß der Gewalt und das Leiden der Bevölkerung in Osteuropa während des Zweiten Weltkriegs zu verstehen, da es die Gebiete hervorhebt, die von den Ideologien und Handlungen zweier totalitärer Regime am stärksten betroffen waren.
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> **Example:** Die Deportation von über 2,4 Millionen Menschen als „Ostarbeiter“ ins Deutsche Reich zeigt die Ausbeutungs- und Zerstörungspolitik der Nationalsozialisten, die über die rein militärische Konfrontation hinausging.
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# Die ukrainische Perspektive: Nationalisierungspolitik und der Holodomor
Die sowjetische Politik der Nationalisierung in den 1920er Jahren, die auf eine Stärkung nationaler Identitäten abzielte, wurde abrupt beendet und mündete in die Zwangskollektivierung und den gezielten Hungertod, bekannt als Holodomor [2](#page=2) [3](#page=3).
### 3.1 Die Politik der Nationalisierung (Korenisazija)
Nach der Machtübernahme verfolgten die Bolschewiki zu Beginn der 1920er Jahre eine Politik der Nationalisierung, die darauf abzielte, den Sozialismus zunächst in nationalen Formen zu verwirklichen. Dieses als Korenisazija, „Einwurzelung“, bezeichnete Vorgehen sollte nationale Minderheiten in den Sowjetstaaten fördern und in die Kader der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) integrieren. Im Zuge dessen erhielten die Nationalsprachen und eine frühe Alphabetisierung der Bevölkerung große Bedeutung. In multiethnischen Unionsrepubliken musste jedoch häufig erst eine einheitliche Nationalkultur und -geschichte konstruiert werden [2](#page=2).
#### 3.1.1 Ukrainisierung als Teil der Korenisazija
In der Ukraine führte die Politik der Bolschewiki zu einem kurzzeitigen Aufschwung der ukrainischen Sprache, die zur offiziellen Schul- und Amtssprache erklärt wurde. Viele Bewohner, insbesondere in ländlichen Gebieten, identifizierten sich jedoch weiterhin primär mit ihrer Ethnie und ihrem Territorium anstatt mit einer ukrainischen Nationalität [2](#page=2).
> **Tip:** Es ist wichtig zu verstehen, dass die Bolschewiki die Nationalisierung zunächst als strategisches Mittel zur Festigung ihrer Macht und zur Einbindung lokaler Eliten nutzten, bevor sie diese Politik radikal änderte.
### 3.2 „Säuberungen“ und der Holodomor
Anfang der 1930er Jahre fand die Förderung nationaler Minderheiten ein abruptes Ende. Die forcierte Industrialisierung und die rücksichtslose Umsetzung der Fünfjahrespläne führten zur gewaltsamen Zwangskollektivierung aller Wirtschaftsbereiche [2](#page=2).
#### 3.2.1 Die Ukraine als „Kornkammer“ und Ziel der Kollektivierung
Die Ukraine, bekannt für ihre fruchtbare Schwarzerde und als „Kornkammer“ des Zarenreichs und der Sowjetunion galt, war von diesen radikalen Maßnahmen besonders betroffen. Die Deutung, dass das Gelb der ukrainischen Flagge dieses reiche Gebiet und das Blau den Himmel symbolisiert, unterstreicht die Bedeutung der Landwirtschaft für die Region. Gleichzeitig war hier der Widerstand gegen die Politik der Bolschewiki am größten [2](#page=2).
> **Beispiel:** Die Zwangskollektivierung bedeutete die Enteignung von Privateigentum und die Eingliederung von Bauern in staatlich kontrollierte Kolchosen (Kollektivwirtschaften), was oft zu Widerstand führte.
#### 3.2.2 Verfolgung nationaler Eliten und Bauern
Die Machthaber, die jede Abweichung vom Plansoll als Verrat am kommunistischen Projekt betrachteten, sahen in nationalen Minderheiten nun ein Hindernis. Viele Mitglieder der neu gebildeten ukrainischen Eliten wurden durch russische Kader ersetzt und fielen in den 1930er Jahren den stalinistischen „Säuberungen“ zum Opfer [2](#page=2).
#### 3.2.3 Die Eskalation zum Massenmord
Missernten in den Jahren 1931 und 1932 leiteten den Massenmord an der ukrainischen Bevölkerung ein. Trotz der ohnehin prekären Versorgungslage, von der besonders die Landbevölkerung betroffen war, erhöhte die Sowjetführung das Abgabensoll für Getreide um fast 50 Prozent. Die Bauern, die diese Forderungen weder erfüllen konnten noch wollten, wurden zu „Kulaken“ erklärt und zu Hauptfeinden der Kommunisten erklärt. Um Devisen für den internationalen Handel zu beschaffen, plünderten Stalins Genossen ganze Dörfer und Landstriche, sodass der eigenen Bevölkerung oft nichts mehr zu essen übrigblieb. Dokumentierte Fälle von Kannibalismus bezeugen das Ausmaß der Katastrophe [3](#page=3).
#### 3.2.4 Der Holodomor und die Forderung nach Anerkennung
Schätzungen zufolge fielen zwischen 3,5 und 4,5 Millionen Menschen dem „Holodomor“, dem „Hungertod“, zum Opfer. Seit dem Zerfall der Sowjetunion im Jahr 1991 bemüht sich die Ukraine um die Anerkennung des Holodomor als Völkermord [3](#page=3).
> **Tip:** Die Unterscheidung zwischen einer Hungersnot aufgrund von Naturkatastrophen und einem gezielt herbeigeführten Hungertod (Holodomor) ist zentral für die historische Aufarbeitung und die Anerkennung als Völkermord.
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## Häufige fehler vermeiden
- Überprüfen Sie alle Themen gründlich vor Prüfungen
- Achten Sie auf Formeln und wichtige Definitionen
- Üben Sie mit den in jedem Abschnitt bereitgestellten Beispielen
- Memorieren Sie nicht ohne die zugrunde liegenden Konzepte zu verstehen
Glossary
| Term | Definition |
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| Ukrainekonflikt | Bezeichnet die militärische Auseinandersetzung, die mit der russischen Invasion der Ukraine im Jahr 2022 ihren Höhepunkt erreichte, aber Wurzeln in früheren Spannungen und der Annexion der Krim 2014 hat. |
| Spezialoperation | Ein von Russland verwendeter Begriff zur Beschreibung der Invasion der Ukraine, der darauf abzielt, die aggressive Natur des Krieges zu verschleiern und die militärischen Ziele zu relativieren. |
| Entnazifizierung | Ein von Russland als Kriegsziel genanntes Argument, das die angeblich „nazistische“ Regierung der Ukraine delegitimieren soll, obwohl die ukrainische Regierung demokratisch gewählt ist. |
| Holodomor | Ein vom sowjetischen Regime unter Stalin verursachter künstlicher Hunger in den Jahren 1932/33, der schätzungsweise Millionen von Ukrainern das Leben kostete und als Völkermord anerkannt wird. |
| Völkermord | Die systematische und vorsätzliche Vernichtung einer nationalen, ethnischen, rassistischen oder religiösen Gruppe. |
| Korenisazija | Die sowjetische Politik der „Einwurzelung“ in den 1920er Jahren, die darauf abzielte, nationale Minderheiten zu fördern und sie in die Kader der Kommunistischen Partei (KPdSU) einzubinden, um den Sozialismus in nationalen Formen zu verwirklichen. |
| Fünfjahrespläne | Wirtschaftspläne der Sowjetunion, die auf Fünfjahreszeiträume ausgelegt waren und auf schnelle Industrialisierung und Zwangskollektivierung abzielten, oft unter erheblichen menschlichen Kosten. |
| Kulaken | Ursprünglich wohlhabende Bauern in Russland, die von den Bolschewiki als Klassenfeinde betrachtet und verfolgt wurden, insbesondere während der Zwangskollektivierung. |
| Ostarbeiter | Zwangsarbeiter aus den osteuropäischen Gebieten, die während des Zweiten Weltkriegs vom nationalsozialistischen Deutschland in das Deutsche Reich verschleppt wurden, um in der Rüstungsindustrie und anderen kriegswichtigen Betrieben zu arbeiten. |
| Holocaust | Der systematische, staatlich organisierte Völkermord an den europäischen Juden durch Nazi-Deutschland und seine Kollaborateure während des Zweiten Weltkriegs. |
| Pogrome | Gewaltsame Ausschreitungen und Massaker gegen bestimmte ethnische oder religiöse Gruppen, insbesondere gegen Juden. |
| OUN (Organisation Ukrainischer Nationalisten) | Eine nationalistische Organisation in der Ukraine, die in den 1930er und 1940er Jahren eine zentrale Rolle spielte und für ihre radikalen Ansichten und terroristischen Aktionen bekannt ist. |
| UPA (Ukrainische Aufständische Armee) | Die militärische Formation der OUN, die im Zweiten Weltkrieg gegen verschiedene Gegner kämpfte und für Massaker an Polen und ethnischen Säuberungen verantwortlich war. |
| NKWD | Der sowjetische Geheimdienst, der während der stalinistischen Ära für politische Repression, Verhaftungen, Hinrichtungen und Deportationen zuständig war. |
| Faschismus | Eine politische Ideologie, die durch autoritäre und nationalistische Herrschaft, eine starke zentrale Regierung und oft durch Rassismus und militaristische Expansion gekennzeichnet ist. |
| Bandera-Kult | Die Verehrung von Stepan Bandera als Nationalhelden in Teilen der Ukraine, die oft die historisch negativen Aspekte seines Wirkens ignoriert und von nationalistischen Kreisen gefördert wird. |